Ich habe gerade eine Diskussion im englischen Forum mitverfolgt, bei der es im Allgemeinen um Religion und im späteren Verlauf im Speziellen um Homosexualität ging. Einer der Diskussionsteilnehmer, Colin, machte den Vorschlag, über dieses Thema auch auf Deutsch zu diskutieren.
Ich habe als Einstieg einen bewusst provokant klingenden Titel gewählt. Vorausschicken möchte ich, dass es mir nicht darum geht, religiöse Menschen zu verunglimpfen oder mich über sie lächerlich zu machen. Obgleich ich selbst seit vielen Jahren nicht mehr gläubig bin, habe ich unter meinen Freunden und Bekannten eine Reihe von Menschen, die gläubig sind. Sie gehören unterschiedlichen Glaubensrichtungen bzw. Konfessionen an.
Was sie jedoch alle gemeinsam haben, ist ein Grundrespekt, der mir zum Beispiel in der oben genannten Diskussion insbesondere bei einem Gesprächsteilnehmer gefehlt hat, der mit den skurrilsten Vergleichen versucht hat, Homosexualität als etwas Abartiges und letztendlich Verwerfliches, ja für eine Gesellschaft sogar Schädliches darzustellen.
Er bezog sich dabei immer wieder auf den Koran, baute seine Argumentation somit auf seinem Glauben auf.
Mir ist bewusst, dass es auch nicht gläubige Menschen gibt, die ähnliche Thesen vertreten und ihre Argumente auf andere Wertvorstellungen stützen.
Angesichts der Tatsache, dass wir weltweit ein Aufflackern von religiösen Konflikten erleben und sich meiner Meinung nach auch in westlichen Gesellschaften der laizistische Anteil der Bevölkerung verstärkt Angriffen religiöser Fanatiker ausgesetzt sieht, frage ich mich, wieviel Religion eine freie Gesellschaft verträgt.
Wie gesagt, meine Frage ist bewusst provokant formuliert. Ich bin froh, dass ich in einem Land lebe, in dem Religionsfreiheit herrscht. Nicht jeder, der gläubig ist, ist zudem gleich ein “Fanatiker”, wobei man wahrscheinlich auch schon über die Bedeutung dieses Begriffes lange diskutieren könnte.
Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass Religionsfreiheit nicht so weit gehen darf, dass man Proponenten der einzelnen Glaubensrichtungen gestattet, in grundlegende Freiheiten anderer Menschen einzugreifen, ihnen also vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden haben, mit wem sie zusammenleben, was sie essen dürfen und was nicht etc.
Als besonders besorgniserregend empfinde ich die Tatsache, dass religiöse Splittergruppen (in Österreich sind zurzeit sehr viele salafistische Prediger unterwegs) unter dem Schutz der Meinungs- und Religionsfreiheit genau jene gesellschaftlichen Strukturen vernichten wollen, die ihnen erst die Möglichkeit geben, frei und unbehelligt ihren Glauben zu leben.
Mich würde interessieren, wie andere Forumsteilnehmer die Rolle von Religionen in einer modernen Gesellschaft sehen. Ob sie Religion als etwas Unabdingbares, etwas Wertvolles oder als eine Bedrohung für gesellschaftliche Freiheiten sehen.
Religiös ist nicht gleich religiös, letztlich kommt es immer darauf an, wie man seine Überzeugungen lebt. Ich persönlich wünsche mir eine Gesellschaft, in der Religion in erster Linie Privatsache ist und der Staat immer dann maßregelnd eingreift, wenn Sicherheit und Unversehrtheit seiner Bürger in Gefahr sind.