ad Veral: Ich fluche generell sehr wenig, was nicht heißt, dass mir nicht auch manchmal der Kragen platzt und dann kann ich in meiner Ausdrucksweise durchaus heftig werden. Irgendwann muss wohl jeder etwas Dampf ablassen, solange man danach nicht vor einem Haufen zerbrochenem Porzellan steht und dann nicht mehr weiß, wie man diesen Scherbenhaufen kitten soll, ist das wohl auch in Ordnung.
Ich halte passive Kenntnisse von umgangsprachlichen Formulierungen, aber auch Flüchen, Schimpfwörtern für äußerst wichtig. Sie sind ein nicht zu unterschätzender Bestandteil jeder Sprache und wenn ich mich nicht nur mit Universitätsprofessoren unterhalten möchte, dann werde ich im Kontakt mit Muttersprachlern unweigerlich auf solche Formulierungen stoßen.
Der entscheidende Punkt ist die Frage, wie ich mit solchen Formulierungen umgehe. In den Fremdsprachen, die ich spreche, fluche ich extrem selten, eigentlich fast nie, abgesehen von relativ mild klingenden Wörtern, die viele wahrscheinlich gar nicht mehr als Schimpfwörter bezeichnen würden. Selbst im Deutschen verwende ich im Regelfall anstatt “Scheiße” (darf ich das hier überhaupt schreiben?) Euphemismen wie “Scheibe” oder “Scheibenkleister” (worüber die meisten jungen Leute wahrscheinlich nur schmunzeln, wobei meine Neffen und Nichten, wenn sie mit mir sprechen, manchmal auch auf diese alternativen Formulierungen zurückgreifen).
Das Risiko, dass man trotz sehr guter allgemeiner Sprachkenntnisse bei der Verwendung von Schimpwörtern ordentlich daneben greift, ist meiner Meinung nach sehr hoch. Im Freundeskreis mag das noch durchgehen und vielleicht lediglich ein paar Lacher zur Folge haben, aber im Umgang mit weniger gut bekannten Menschen kann das zu sehr peinlichen und unangenehmen Situationen führen.
Ich habe eine Reihe von ausländischen Kollegen, die Deutsch hervorragend sprechen und über einen Wortschatz verfügen, der wohl so manchen Muttersprachler vor Neid erblassen ließe. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass sie sich bei der Verwendung von stark umgangssprachlichen Formulierungen oder Schimpfwörtern im Sprachregister vergreifen. Es wirkt dann beinahe wie eine leichte Disharmonie in einem Musikstück.
Natürlich geht es dabei zumeist um Kleinigkeiten und ich sage das auch nicht, um meine Kollegen in irgendeiner Weise zu kritisieren; es ist lediglich eine Feststellung, die selbstverständlich auch auf mich zutrifft, wenn ich in einer meiner Fremdsprachen spreche.
Selbst in Fällen, in denen es um beleidigende, rassistische Ausdrücke usw. geht, glaube ich, dass deren Kenntnis für den Lernenden von Vorteil ist. Ich rate aber jedem dringend davon ab, diese Begriffe aktiv zu verwenden. So grauenhaft zum Beispiel der Begriff “Kanake” ist (zumindest in dem Sinn, in dem er heute verwendet wird, wobei die eigentliche Bedeutung den meisten Leuten, die diesen Begriff verwenden, wohl kaum bekannt ist), so wichtig kann es sein, zu wissen, was er bedeutet. Ich erinnere mich an eine sehr unschöne Szene in einem Zug, wo ein paar Jugendliche in Deutschland (dieselbe Szene hätte sich aber leider wohl auch ohne Weiteres in Österreich und in jedem anderen Land abspielen können) sich offensichtlich einen vermeintlichen Scherz mit einem ausländischen Studenten erlaubten und ihm erklärten, der Begriff “Kanake” bedeute in etwa so viel wie “mein bester Freund”.
Manche mögen so etwas für lustig halten, ich finde es einfach dumm und im gegenständlichen Fall war es wohl einfach auch Unreife, die die jungen Leute zu diesem mehr als geschmacklosen Spiel veranlasst hat.
Ähnliches ist mir aber auch im Englischen passiert, als ich noch nicht wusste, dass “fag” in Nordamerika eine völlig andere Bedeutung als in Großbritannien hat. Auch mir hat man damals einen Streich gespielt und mich mit diesem Wort in eine sehr peinliche Situation gebracht. Zum Glück ist es aber so, dass in den allermeisten Fällen keine wirklich böse Absicht dahinter steckt und manchmal kann es ja auch durchaus unterhaltsam sein, wenn man hinters Licht geführt wird. Voraussetzung ist jedoch immer, dass dabei niemand anderes beleidigt wird. Ich kann es jedenfalls auf den Tod nicht ausstehen, wenn ich merke, dass sich Menschen auf Kosten anderer lustig machen und in diesem Sinne glaube ich, dass uns das Wissen um solche Ausdrücke und ihre Bedeutung nur nutzen kann.