Kinder machen kein Artikel-Fehler

Heute erzählte mir eine deutsche Freundin, dass sie nie ihr Kind für den falschen Artikel-Gebrauch korrigieren muss. Er macht da keine Fehler. Dahingegen macht er in den irregulären Verben manchmal Fehler, aber sie korrigiert ihn dann. Sie sagt, er hört ja Ständig das Wort mit Artikel z.B. “Dasauto” “Derschlepper” und da er noch nicht schreiben kann, kann es sein, dass er glaubt, dass der Artikel sowieso zum Wort gehört (Papa geht jetzt dasauto waschen; dasauto steht vor der Garage).

Interessante Sichtweise dachte ich.

Ich kann das nur bestätigen. Als Muttersprachler lernt man die Artikel praktisch automatisch und muss darüber nicht groß nachdenken. Probleme gibt es höchstens bei neuen Wörtern, die Eingang in die deutsche Sprache finden, beispielsweise die Wörter Blog oder E-Mail.

Wichtig und entscheidend ist meiner Ansicht nach, wie viel mit dem Kind gesprochen und wie wiel ihm vorgelesen wird. Das ist wie beim Lernen von Fremdsprachen: je mehr guten Input man hat, umso besser ist das Ergebnis. Ich habe zum Beispiel meiner Tochter immer sehr viel vorgelesen und mit ihr von Anfang an in ganzen und vollständigen Sätzen gesprochen (keine Babysprache) und sie macht wirklich sehr, sehr selten Fehler. Sie hat ein sehr gutes Sprachgefühl. Bei den unregelmäßigen Verben ist es einfach so, dass man sie mal gehört haben muss. Dann lernt man sie als Muttersprachler ganz schnell.

@ Veral das ist interessant, was du schreibst. Es deutet dann auch darauf hin, wie wichtig es ist eine Sprache zu hören. Ich wünsche mir, Ausländer wurde man genauso korrigieren, wie man es mit den Kindern macht. Dann würden wir auch viel besser sprechen. Wenn man nämlich korrigiert wird, kann es ein bißchen unangenehm sein, aber das kann dazu wiederum führen, dass man den Fehler nicht mehr macht - so eine Art “pavlovian dogs” Erlebnis.

Bei Korrekturen kommt es sicher immer darauf an, in welcher Art und Weise das gemacht wird. Ich würde zum Beispiel nie jemanden von mir aus korrigieren. Das würde ich unhöflich finden. Ich würde es nur dann tun, wenn es explizit von mir verlangt oder erwartet wird. Das ist das Gute bei den Gesprächen mit den Tutoren von LingQ: hinterher erhält man (zumindest bei den meisten Tutoren) einen Bericht, in dem man seine Probleme ausmachen kann. Mir hilft das immer sehr, vor allem wenn ich eine Korrektur in der Form “falscher Ausdruck → richtiger Ausdruck” erhalte.

Ich denke auch, dass man Kinder selten korrigiert, im Sinne, dass man sagt “das war falsch.” Meistens höre ich solche Konversationen zwischen Kleinkind und Erwachsenem:
Kind: “Mama, Leni Schokolade Eis”
Mama: “Du möchtest ein Schokoladeneis essen, Leni? Gut, dann kaufen wir ein Schokoladeneis.”
Also, die Mutter/der Vater wiederholt noch einmal den ganzen Satz, den das Kind gesagt hat, nur eben diesmal inklusive all der Artikel, Fälle, Verben und Füllwörter.

Das mit den unregelmäßigen Verben finde ich zum Beispiel beeindruckend. Wenn ein Kind so etwas sagt wie: “Da fahrten wir in die Stadt”, dann sehe ich ja, dass das Kind die Grammatikregel verstanden hat, dass die meisten Verben in der Vergangenheit ein -te tragen. Das Kind plappert also nicht mehr nur Phrasen nach, sondern benutzt die Sprache schon selbständig und kreativ, gemäß der üblichen Regeln. Wirklich toll. So etwas ist ein “guter” Fehler, denn der zeigt ja, dass die Sprache und die Regeln schon verstanden sind. Nur Regeln ohne Ausnahme gibt es eben leider fast nie…

Ich finde auch bei der Korrektur von Arbeiten, es gibt unterschiedlich “schwere” Fehler. Z.B. die Satzstellung ist ziemlich wichtig, denke ich, die Rechtschreibung dagegen nicht so sehr - da muss man einfach mal ein ganzes Buch in der Sprache lesen, dann gewöhnt man sich auch an die Schreibweisen.

Die meisten Verben sind regelmäßig, aber die am meisten gebrauchten Verben sind unregelmäßig (auch in anderen Sprachen). Man braucht nur die hier oben 2 letzten Posten zu lesen, um zu sehen, dass mehr als 50% der Verben unregelmäßig sind. Doch die Kinder fühlen sehr früh, welche Form regelmäßig ist. Beeindruckend!

Hallo, erstmal!

Also, so beeindruckend ist es nun auch nicht. Tatsächlich lernen die Kinder zu erst das Sprachskellet bzw. die Grammatik und dann erst das benötigte Vokabular. Ich glaube kaum, dass es ein beispiel gibt, dass Kinder in egal welcher Sprache grammatische Fehler machen (es sei den die Eltern sind z.B. ungebildet oder ähnliches bzw. es ist ein bestimmter Einfluss der Umgebung vorhanden). Das Kind versteht nicht “das Auto” als “Dasauto”, das bestimmt nicht. Mit den unregelmäßigen Verben hat es etwas anderes auf sich - Sprachevolution. Vor 200 Jahren gab es viel mehr unregelmäßige Verben als heute. Die Verben wurden mit der Zeit einfach zu regelmäßigen. Jede Sprache hat die Tendenz “sich zu vereinfachen”. Wenn man sich die liste der heute gängigen unregelmäßigen Verben ansieht, wird einem schnell klar, dass viele davon nur noch als Archaismus existieren und einige haben eine unregelmäßige und eine regelmäßige Variante d. h. bald wird die regelmäßige die unregelmäßige verdrängen.